Video von Christine Zeides
Es war ein wundervolles Fest.
Die Bude war voll, die Stimmung beschwingt, die Erzähler*innen in Höchstform. Aber schauen Sie selbst, die Bilder sagen mehr als viele Worte:
(Video von Christine Zeides)
Seit 11 märchenhaften Jahren gibt es unsere Erzählbühne in Berlin: Einmal im Monat haben hier alle Erzählwütigen die Gelegenheit, Märchen und Mythen, Biografisches und Fiktionales frei zu erzählen. Im Anschluss an den offenen Teil des Abends tritt ein Profi aus der internationalen Erzählszene auf – eine einzigartige Veranstaltung in der Berliner Kulturszene.
Den 11. Geburtstag der Erzählbühne haben wir am 18. Juni 2018 im ZENTRUM danziger50 gefeiert, mit fast 100 Gästen, fünf Erzählerinnen und einem Erzähler (auf der Bühne, unter den Zuschauer*innen waren noch viele mehr!), mit einem Empfang im Garten, selbstgemachtem Buffet und Sekt (viel Sekt…), mit einer Tombola, Akkordeonmusik und natürlich Geschichten, Gesprächen und Gesang.
Die sechs Erzähler*innen auf der Bühne waren eng verknüpft mit der Geschichte der Erzählbühne, denn sie hatten sie alle für einige Jahre geleitet, oder leiten sie noch, wie Kathleen Rappolt und Sven Tjaben, die amüsant und souverän wie immer durch den Abend führten.
Entsprechend viele Anekdoten hatten alle sechs auf Lager: von dem Barkeeper, der auf den hohen Frauenanteil in der Erzählszene spekulierte („Kommen da auch junge Frauen? Dann mach ich Cocktails!“) im ersten Veranstaltungsort „Tribüne“, bis zum jetzigen Ort in der danziger50, dessen Kulturverein auch schon mal einen „Antrag auf Ungemütlichmachung des Raucherraums“ stellt (von Rauchern, wohlbemerkt).
Vor allem aber erzählten die sechs Erzähler*innen Geschichten vom Glück und vom Wünschen, ganz nach dem Motto „GlückWunsch“, unter dem das Programm des Abends stand.
Kristin Wardetzky erzählte von Dionysos, dem griechischen Gott des Weines und der Ekstase, dessen Mutter – eines der vielen wunderwunderWUNDERschönen Mädchen, die Gottvater Zeus geschwängert hat – an einem tödlich-törichten Wunsch zugrunde ging, den ihr Zeus eifersüchtige Ehefrau Hera eingeimpft hatte.
Mit viel Körpereinsatz brachte Janine Schweiger den Saal zum Lachen über „Hans im Glück“, den Pechvogel der so unerschütterlich glücklich ist, dass man sich fragt, ob er nun eigentlich dumm oder begnadet ist (oder beides)?
Uta Lindner machte einen ganzen Parcours durch die Wünsche im Märchen und kommt zu dem Schluss, dass es – neben den vielen sehnlichen Kinderwünschen und dem „Du hast einen Wunsch frei“ der guten Fee – in Märchen doch recht oft um böse Ver-Wünschungen geht.
Christine Lander erzählte die Geschichte einer verbotenen Liebe, bei der die Liebenden sich nicht auf ihr Glück verlassen, um ihr Glück zu erlangen, sondern der Erfüllung ihrer innigsten Wünsche mit viel List und Mut auf die Sprünge helfen.
Schlau stellt sich auch der Mann in der irischen Geschichte an, die Kathleen Rappolt auf die Bühne brachte: Er hat den berühmten EINEN Wunsch frei. Um alle Begehrlichkeiten unter einen Hut zu bringen – die Frau will ein Kind, die blinde Mutter will wieder sehen, der Vater will Geld – wünscht er sich „Meine Mutter soll sehen, wie meine Frau unser Kind in einer goldenen Wiege schaukelt“ – bingo!
Bei Sven Tjaben hat das Glück die Gestalt eines kleinen, nicht gerade hübschen Wesens, das faul unter einem Baum liegt. So sieht zumindest das Glück von Kadyr aus, der lange danach gesucht hat, aus Neid auf seinen Bruder, dessen Glück fleißiger war. Kadyr verpasst vor lauter Glückserwartung alle Angebote auf seinem Weg – doch am Ende wird auch für ihn alles gut. Zum Glück.
Den Soundtrack des Abends steuerte der Musiker Patrick Farrell bei: Mit seinem Akkordeon hat er die beschwingte, freudige und unprätentiöse Stimmung des Festes einfühlsam aufgegriffen und verstärkt.
Der Abend wurde getragen von einem kostenbaren „Geist der Gemeinsamkeit“, wie es Erzählbühnengründerin Kristin Wardetzky auf den Punkt brachte. So viele Vereinsmitglieder haben geholfen, alle arbeiten ausschließlich ehrenamtlich und haben gemeinsam ein tolles Fest gelingen lassen. Danke!